Dem Himmel so nah – Interview mit zwei Beinen
By Guten Tag, Sie sehen rechts noch etwas ramponiert aus, wie fühlen Sie sich?
Geht so. Nee, alles bestens. Hier bewegen wir uns, wenn überhaupt, wieder auf schlichtem Grund ohne nennenswerte Erhebungen. Was wir letzte Woche leisten durften, war sehr, sagen wir mal: ungewohnt. Wieso?
Na unsere Herrin war in diesen Dolomiten. Sie wissen schon, die herausragenden, hohen Felsgnubbel, mit vielfarbigen, steilen Wiesenhängen, üppigen Wäldern, zigfach und spitz gewundenen Straßen bis ins kühle Ganz – Nach – Oben in den Wolken und auf der anderen Seite wieder hinunter, in gemütliche, warme Täler, wo es dieses harte, bröselige Rüttelplattengebäck mit Kümmel gibt. Auf dem Fahrrad!
Sie meinen das leckere Schüttelbrot?
Oder so.
Die Dolomiten sollen eine traumhafte Landschaft sein. Wie sind sie denn dort zurechtgekommen, so als Flachlandextremität?
Von Träumen verstehen wir nichts. Wir vernahmen über und neben uns allerdings dauernd dieses Jauchzen, während wir kurbelnderweise nach einigen Anstiegen zittrig und bleiern wurden. Das hat aber Niemanden wirklich interessiert. Immerhin bekamen wir anfangs wegen der niedrigen Außentemperaturen eine wärmende Hülle und die Kollegen Hände hackten, klopften, kneteten und strichen besorgt an uns herum. War gut gemeint. Gaumen, Augen, Ohren und der Rest hatten ihren Spaß, während wir die Bärenarbeit verrichten mussten – na gut, die Pumpe ratterte wohl auch manchmal am Limit.
Na, jetzt übertreiben sie aber!
Hören sie mal, wenn Sie früh morgens schon mit diesen Vierbeinern – deren dürre Kollegen konnten sich nach anderthalb Stunden ja schon wieder ausruhen – diese Kulturerbeberge rauf und runter tänzeln, dann nach ultrakurzer Pause mit einem Minikaffee an diese Fahrradpedalen gefesselt werden, um Kilometer für Kilometer, Kurve für Kurve, Prozent für Prozent überwinden zu müssen, um endlich in befremdender Konsistenz vor einer Gipfelhütte zur Ruhe zu kommen, dann würden sie mehr Verständnis für unser Murren haben. Übrigens, der junge Mann in diesem niedlichen grünen Auto schrie uns schon von weitem zu: „Wieso muss man sich das antun?“ Muss man ja nicht.
Aber Sie wurden doch gut versorgt?
Jaja, da gelangten goldene Flüssigkeiten, Spinatknödel, edler Speck vom Wild(dem haben die auch die Beine genommen… ) und herrschaftlicher, süßer Schmarrn in den Leib, wovon auch wir dankbar zehren konnten.
Außerdem: Es gab ja immer diese rasanten Abfahrten, bei denen wir wenig zu tun hatten. Ein herrlicher Rausch…
Na bitte!
Trotzdem. Stellen Sie sich doch mal vor, wir mussten plötzlich noch auf so ein fremdes Rad, weil die Herrin unbedingt mal abseits durchs Gelände rumpeln wollte. Wir ahnten schon nichts Gutes und haben bergauf schon mal an der einen oder anderen Stelle gestreikt, also wir wollten lieber auf den Füßen sein. Wegen der Wattzahl, die wir nicht zusammenbringen konnten. Die Kollegen des Kreuzbuben, die irgendwie kaum Schwäche zeigten, stemmten sich letztlich auch in den Schotter, um diesen einen Pass, der nicht anders zu erklimmen war, einzunehmen.
(Die Herrin hat zum Glück nicht ihre schwere Kamera bei diesen Aktionen mit geschleppt, sondern sich mit ihrem Handy und einer kleinen Knipse begnügt, sonst wären wir für immer in unsere Knie gegangen…)
Bergab! Im Stehen quasi. Zugegeben, anfangs war das recht hübsch, dann wurden die Wege seltsam schmal, dann wieder sehr krümelig und rutschig, schließlich mussten wir rechts alles abfangen, wie noch gut zu erkennen ist. Die Oberfläche gab ein wenig nach, aber die knöchernen Tiefen hielten stand.
Da haben sie aber Glück gehabt und eigentlich alles doch bestens hinbekommen!
Naja, wir erhielten schließlich einen Ruhetag und wurden oft genug hochgelegt, weil der Blick aus dem Fenster so phantastisch war:
Da gibt es doch diesen Reinhold … oder Helge? Reinhold … Helge? Mensch: … Reinhold!
Also der Messner hat seine Augen und Daumen auf den Bergen, damit die Zweibeiner respektvoll mit ihnen umgehen und hat in der Region sein Projekt „Messner Mountain Museum“ mit fünf verschiedenen Standorten installiert.
Die Bewohner dieser Region sind überaus reizend und haben sogar nett zu uns gesprochen. Das muss am Zauber dieser Natur liegen.
In diesem Zusammenhang fallen mir noch die Kollegen der Bauern, die den ganzen Tag am steilen Wiesenhang stehen müssen, weil gerade Heuernte ist, ein. Das Gras wird mit einem Rasenmäher auf fetten Reifen gekürzt und per Hand von der Bauersfrau gewendet(manchmal zwölf Stunden), später mit der Forke zu Tale gerollt und schließlich verladen. Puh, was für eine Arbeit! Da wollen wir uns auch nicht weiter beklagen.
Das Heublumenbad nehmen die Anderen.
Und die schauen zu.
Und was haben Sie als nächstes vor?
Da sein. Für die Mühen der Ebene. Bestens präpariert.
Danke für den kurzen Einblick in Ihr Schaffen. Alles Gute und Hals – und Bein …
Lassen Sie Das! Sie können hier ja noch ein bisschen in die Gegend gucken. Da wollen wir jedenfalls wieder hin.
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